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127. DEUTSCHER ÄRZTETAG IN ESSEN: WICHTIGE BESCHLÜSSE AUCH FÜR DAS OBERLAND

127. Deutscher Ärztetag in Essen: wichtige Beschlüsse auch für das Oberland

Der Deutsche Ärztetag (DÄT) in Essen ist zu Ende gegangen. Vier Tage lang versammelten sich dort 250 ärztliche Abgeordnete aus ganz Deutschland, um gesundheitspolitische Impulse zu setzen und wichtige berufspolitische Themen zu beraten. Mit dabei war der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbandes Weilheim-Schongau Dr. Karl Breu.

Nach der feierlichen Eröffnung in Beisein von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann forderten die Delegierten am ersten Tag in der gesundheits- und sozialpolitischen Generalaussprache eine ganzheitliche und nachhaltig ausgerichtete Gesundheitspolitik, in deren konzeptionelle Ausgestaltung der medizinisch–fachliche Sachverstand und das Versorgungswissen der Ärzteschaft endlich mit einbezogen werden müssen. 

Durch die Einrichtung eines ressortübergreifenden Deutschen Gesundheitsrats muss die Expertise der Akteure aus der Patientenversorgung in alle die Gesundheit der Menschen betreffenden Gesetzesinitiativen einbezogen werden. Der deutsche Gesundheitsrat bringt sich nach dem Vorbild des Deutschen Ethikrates proaktiv bzw. im Auftrag der entsprechenden Fachressourcen in die politischen Prozesse ein.

Bei den anstehenden Reformen sind ganzheitliche Ansätze statt Sektorendenken zielführend. Ambulantisierung, die sektorenverbindende Versorgung und die Reform der Krankenhausplanung benötigen ein durchdachtes und stimmiges Gesamtkonzept.

Dabei unterstützt die Ärzteschaft das Ziel einer grundlegenden Reform der Krankenhausplanung und -vergütung. Deutschland braucht eine gut strukturierte, resiliente Krankenhauslandschaft. Dazu sind eine gestaltende Planung und ein echter Neustart bei der Vergütungssystematik und der Investitionsfinanzierung erforderlich. Diese Reform muss außerdem die ärztliche Weiterbildung stärken, denn der Faktor Personal ist die ausschlaggebende Größe für die Qualität und die Zukunftsfähigkeit der Versorgung.

Die fundamentale Rolle der ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die Corona-Pandemie einmal mehr verdeutlicht. Umso empörender ist es, dass den in den Arztpraxen tätigen Medizinischen Fachangestellten von staatlicher Seite nach wie vor eine Würdigung ihres unermüdlichen Engagements in der Pandemie verweigert wird.

Die Implementierung neue Versorgungsangebote neben der funktionierenden ambulanten Versorgung lehnt 127. DÄT ab. Die Etablierung von Gesundheitskiosken oder der Einsatz von Community Health Nurses führt zur Parallelstrukturen, verursacht weitere Kosten, neue Schnittstellen und tragen nicht zu einer abgestimmten multiprofessionellen Patientenversorgung bei.

Die Reform der Notfallversorgung ist überfällig. Dabei bestätigt die Ärzteschaft die Empfehlungen der Regierungskommission sich im Wesentlichen auf die Vernetzung der prinzipiell funktionierenden und praxistauglichen Strukturen zu setzen. Unabdingbar ist jedoch die Einbeziehung des Rettungsdienstes. Grundlegend ist außerdem eine effektive IT-Vernetzung aller Akteure mit definierten Schnittstellen und Datensätzen.

Insgesamt hat die Digitalisierung das Potenzial, sowohl die Prozesse als auch die Strukturen der gesundheitlichen Versorgung positiv zu verändern. Sie wird aber nur dann Erfolg haben, wenn sie sowohl Patienten als auch Ärzten einen spürbaren Mehrwert bringt. Das Vertrauen der Patienten auf einem verantwortungsvollen Umgang mit ihren Daten setzt Transparenz und praktikable Möglichkeiten zum Widerspruch voraus.

Darüber hinaus muss die Bevölkerung über die Anwendungen der Telematikinfrastruktur              (e-Notfalldaten, e-Medikationsplan, e-Rezept, e-Patientenakte) durch eine breit angelegte Informationskampagne der „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ informiert werden.

Als weitere Folge der Pandemie sind gesundheitsfördernde Verhaltensweisen und die Teilnahme eines Früherkennungsuntersuchungen zurückgegangen, während gesundheitsschädliche Lebensstilmuster zugenommen haben. Das wird gravierende Folgen für die einzelnen Betroffenen und für das Gesundheitssystem haben. Die Deutsche Ärzteschaft fordert daher eine politische Strategie, durch die Verhaltens- und Verhältnisprävention im Rahmen des Ansatzes „Health-in-All Policies“ gestärkt und Gesundheitskompetenz in allen Lebenswelten gefördert werden kann.

Zu einer präventionsorientierten Politik gehört auch vor allem die Unterlassung von Gesetzesmaßnahmen, die die Gesundheit der Bevölkerung und besonders junger Menschen weiteren Schaden zufügen. Deshalb fordert der DÄT 2023 die Bundesregierung nachdrücklich auf, von ihren Plänen zu einer Cannabis-Legalisierung Abstand zu nehmen und stattdessen konsequent auf eine umfassende Suchtprävention zu setzen.

Die Delegierten wählten darüber hinaus Dr. Klaus Reinhardt erneut zum Präsidenten der Bundesärztekammer. Der 62-jährige Allgemeinmediziner aus Bielefeld steht damit für vier weitere Jahre an der Spitze der deutschen Ärzteschaft.

Eine Woche Gesundheitspolitik in Essen mit intensiven Diskussionen und weitreichenden gesundheitspolitischen Beschlüssen auch für das Oberland endete mit einem regionalen Schmankerl: Auf Antrag von Dr. Karl Breu wurde mit großer Mehrheit der Murnauer Facharzt für Chirurgie Dr. Andreas Botzlar als weiterer Arzt in den Vorstand der Bundesärztekammer gewählt.

Dr. Karl Breu

Erster Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Weilheim-Schongau 

Dr. Karl Breu und Dr. Heidemarie Lux beim Deutschen Ärztetag

©Ärztlicher Kreisveband